3 Fragen an Gerhard Oppitz

Herr Oppitz, welche Rolle spielen die Werke dieses Programms in Ihrem Repertoire - was interessiert Sie besonders an Skjabin?  

Die Begeisterung für Skrjabin und seine Musik geht zurück bis in meine Jugendzeit, als ich seine Werke in Interpretationen großartiger Künstler kennenlernen durfte. Die Entwicklung seiner Klangsprache vom spätromantischen Duktus hin zu futuristisch-surreal wirkenden Höhenflügen fasziniert mich bis heute. Im Rahmen meiner ersten Reise nach Moskau 1974 besuchte ich Skrjabins Haus, ich spielte einige seiner Werke auf seinem Flügel, und seine Enkelin holte für mich die handschriftliche Partitur von „Le poème de lˋextase“ aus dem Tresor - das waren unvergessliche Erlebnisse für mich. Sein Klavierkonzert, das noch aus seiner frühen Zeit stammt, offenbart neben seinem Sinn sowohl für Poesie als auch für Dramatik seine tiefe Verehrung für Chopins Kunst. Vor etwa 25 Jahren hatte ich das Privileg und das Vergnügen, eine CD-Aufnahme dieses Werks zusammen mit Dimitri Kitajenko und dem Radio-Symphonieorchester Frankfurt einzuspielen. In der Zwischenzeit ist mir bei einer ganzen Reihe von Aufführungen - vor allem mit Maestro Kitajenko - dieses fis-moll-Konzert mehr und mehr ans Herz gewachsen.

Gibt es etwas, was man nur durch Musik sagen kann?

Musik kann im Idealfall die Summe aller wesentlichen Gedanken und Emotionen ausdrücken, die einen Komponisten unter Einbeziehung bislang gesammelter Lebenserfahrungen bewegen, sowohl Rückblicke als auch daraus resultierende Bedenken und Hoffnungen - und dies raum- und zeitübergreifend. Diese Sprache kann Menschen noch unmittelbarer in ihrem Innersten berühren, als es verbale Kommunikation erlaubt. Dieser Kraft sind - mit gewissem Abstand - wohl nur besonders genialisch begabte Dichter und Schriftsteller nahegekommen.

Was geschieht im Augenblick des Musizierens mit Ihnen? Verändern Sie sich durch Musik? 

Beim Gestalten musikalischer Verläufe verspüre ich ein im Vergleich zu alltäglichen Vorgängen erhöhtes Verantwortungsbewusstsein sowohl den jeweiligen Komponisten und ihrem künstlerischen Anliegen gegenüber als auch meinen Zuhörern gegenüber. Ich sehe meine Aufgabe darin, in der Vergangenheit entstandene Werke wiederzubeleben und den Zuhörern einen Eindruck davon zu vermitteln, was die jeweiligen Kompositionen mir bedeuten. Darüber hinaus verspüre ich beim Musizieren das Glücksgefühl, selbst Teil eines Geschehens oder eines Handlungsablaufs zu sein, vielleicht ähnlich wie ein Schauspieler, der sich auf der Theaterbühne in den Ablauf eines Dramas eingebunden sieht.

Gerhard Oppitz ist Solist im Abokonzert 2 am 27./28./29. Oktober 2019 in Alexander Skrjabins Klavierkonzert fis-Moll. Dmitrij Kitajenko dirigiert darüber hinaus die »Symphonie classique« von Sergej Prokofjew und die Sinfonie Nr. 2 c-Moll von Alexander Skrjabin.

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